Der nachfolgende Fachbeitrag zum Thema Zwangsbehandlung wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: www.familienrecht.net/betreuungsrecht/
Die Zwangsbehandlung – Was sagt das Gesetz?
Das Thema der Zwangsbehandlungen ist noch immer stark umstritten. Mit einer Gesetzesänderung im Jahr 2017 wurde die Debatte um die Angemessenheit erzwungener ärztlicher Maßnahmen sowie deren ethische Vertretbarkeit neu entfacht. Welche Regelungen zur Zwangsbehandlung aktuell gelten, erfahren Sie in folgendem Artikel.
Im Januar 2017 wurden neue Regelungen in Bezug auf ärztliche Zwangsbehandlungen aufgestellt. Ausschlaggebend für die Reform war ein Fall in Baden-Württemberg, bei dem eine psychisch kranke Frau an Brustkrebs erkrankt war, jegliche Therapie aber ablehnte. Aufgrund dessen wollte ihr Betreuer in eine Zwangsbehandlung einwilligen. Dies war rechtlich jedoch nicht durchführbar, da nach damaliger Gesetzeslage nur dann eine erzwungene ärztliche Behandlung erfolgen konnte, wenn der Betroffene bereits zwangsweise stationär untergebracht war. Die Erkrankung der Frau machte ihr allerdings ein „Weglaufen“ unmöglich, sodass hier keine Rechtfertigung für eine Zwangsunterbringung vorlag.
Aufgrund dieser „Schutzlücke“ wurde ein Gesetzesentwurf beschlossen, der dafür sorgt, auch psychisch kranke Patienten und Patientinnen, die nicht weglaufen können, einer Zwangsbehandlung zu unterziehen. Mit dem neuen Paragrafen 1906a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist die Zwangsbehandlung nun nicht mehr an eine Zwangsunterbringung, sondern stattdessen an einen stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus geknüpft.
Wann sind Zwangsbehandlungen notwendig?
Eine ärztliche Zwangsmaßnahme wird zum Beispiel dann erforderlich, wenn ein Betreuter – etwa aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer Behinderung – die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung nicht erkennt. Dennoch ist sie ausschließlich als „Ultima Ratio“, das heißt als letztes Mittel, gedacht. Zudem gelten strenge Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Zwangsmaßnahme. So bleibt sie stets in eine umfassende Behandlung eingebunden und ist an einen Aufenthalt im Krankenhaus gekoppelt. Somit dürfen Ärzte ihre Patienten und Patientinnen auf keinen Fall ambulant zwangsweise behandeln.
Mit dem neuen Gesetz geht die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten einher, da die Verbreitung von Patientenverfügungen gefördert wird. Diese tragen letztlich dazu bei, eine ärztliche Zwangsbehandlung zu vermeiden. Betreuer sollen daher zum einen auf die Möglichkeit einer Patientenverfügung hinweisen und zum anderen beim Verfassen dieser behilflich sein.
Weiterhin muss eine Zwangsbehandlung auch immer richterlich genehmigt werden, um sicherzugehen, dass die Maßnahme zweifellos notwendig ist, „um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden“ (§1906a Abs. 1 Satz 1 BGB). Zudem muss vorab versucht worden sein, den psychisch Erkrankten „von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen“ (§1906a Abs. 1 Satz 4 BGB). Eine Patientenverfügung, die Betroffene zuvor verfasst haben, ist dabei vorrangig zu beachten.
Diskussion um ethische Vertretbarkeit
Das Grundrecht verlangt zum einen den Respekt vor der Therapieverweigerung, auch wenn dadurch ein persönlicher Schaden droht. Zum anderen ist die bedingungslose Hilfe vonseiten der Ärzte zu erwarten. Diese Aspekte sorgen dafür, dass der Debatte um die ethische und rechtliche Problematik kein Ende gesetzt zu sein scheint.
Vor allem der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener lehnt jede Ausweitung von Zwangsbehandlungen ab und spricht sich stattdessen stets für deren Abschaffung aus. Da ein körperlich Erkrankter eine Behandlung verweigern darf, müsse diese Entscheidung auch einem geistig Erkrankten zustehen. In Fällen einer möglichen Selbst- oder Fremdgefährdung werde die Polizei zuständig.
Andere führen jedoch an, dass in bestimmten Situationen ärztliche Zwangsmaßnahmen durchaus notwendig werden, zum Beispiel bei Menschen mit Manien, die unter Umständen sowohl ihre soziale als auch finanzielle Existenz ruinieren könnten, während dagegen eine fachgerechte Behandlung zeitnahe Besserung bietet.
Nähere Informationen zur Patientenverfügung und ähnlichen Aspekten des Betreuungsrechts finden Sie unter www.familienrecht.net/betreuungsrecht/.